Knackiges Wochenende - voll auf Angriff

Knackiges Wochenende - voll auf Angriff

Es wird "ein knackiges Wochenende" für Fabian Vogel, jenes vom 6. bis 9. Juli 2023. Denn bevor der 28 Jahre alte Trampolinturner des MTV Bad Kreuznach am Sonntag (14:30 Uhr) bei den "Finals" im PSD BANK DOME von Düsseldorf aufs Sprungtuch steigt, um seinen nationalen Titel zu verteidigen, vertritt er wie auch andere aus dem Nationalteam an den beiden Tagen zuvor die Farben des Deutschen Turner-Bundes (DTB) beim Weltcup im portugiesischen Coimbra. Es ist die erste von fünf Stationen der internationalen Turnierserie, bei der Punkte für die Qualifikation zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris geholt werden können. Der Auftritt am Rio Mondego besitzt deshalb einen großen Stellenwert für den Höhenflieger. "Aber natürlich will ich mich danach noch darauf fokussieren, bei den Finals meine beste Leistung zu bringen, um mit einer Goldmedaille nach Hause zu fahren", sagt Vogel, der zuletzt dreimal hintereinander bei deutschen Einzelmeisterschaften nicht zu schlagen war.  

Zum zweiten Mal erst dürfen die Spezialisten für spektakuläre Sprünge, die sich bei ihren Übungen sieben, acht Meter hoch in die Luft schrauben, bei dem Multisportevent teilnehmen. Vogel kostete das Debüt im vergangenen Jahr in Berlin bis zum letzten Tag aus. Obwohl die Trampolinturnerinnen und -turner selbst bereits am Donnerstagmorgen in der Max-Schmeling-Halle dran waren, blieb er bis Sonntag in der Hauptstadt. Der Athletensprecher wollte möglichst viel mitbekommen von den anderen drei olympischen Turndisziplinen. „Wir haben sonst wenig mit den anderen Sportarten zu tun“, erklärt er. Großereignisse wie Welt- und Europameisterschaften tragen Sportgymnastinnen, Trampolin- und Gerätturnerinnen und -turner getrennt voneinander aus. Da Vogel als Gesamt-Aktivensprecher in verschiedenen Gremien auch die Interessen der anderen vertritt, nutzte er die Gelegenheit, sich die Vorträge an Barren, Balken und mit dem Band genauer anzuschauen und die Kolleginnen und Kollegen besser kennenzulernen.

Durch die Terminüberschneidung wird ihm das diesmal nicht möglich sein; die Doppelbelastung hat für die Trampolinathletinnen und -athleten jedoch auch einen Vorteil: Sie können mit mehr Publikum sowohl auf den Tribünen als auch vor dem Fernseher rechnen als beim ersten Mal, als sie sich an einem Werktag morgens vor überwiegend leeren Rängen präsentieren mussten.

Schonen wird Vogel sich so oder so nicht. In den nächsten Wochen will der Sportsoldat zusammen mit dem Betreuerteam, DTB-Cheftrainerin Katarina Prokesova und Heimcoach Steffen Eislöffel, entscheiden, mit welcher Übung er einen der nur 16 Startplätze anstrebt, die es in Paris jeweils für Männer und Frauen gibt. Es gelte die richtige Balance zu finden zwischen Risiko und Sicherheit und dann nicht mehr von dem ausgewählten Programm abzuweichen.

Bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr in Sofia war der deutsche Vorspringer als Zehnter nur knapp am Finaleinzug gescheitert. Drei Zehntelpunkte fehlten damals zum achten Platz, der ihm einen Auftritt in der Medaillenentscheidung gesichert hätte. Bei der WM in diesem Jahr in Birmingham würde das gleichzeitig und unabhängig von den Weltcup-Ergebnissen direkt für ein Olympiaticket reichen. Bis zu 1,3 Punkte könnte Vogel in der Schwierigkeit zulegen, die in Bulgarien noch bei 16,2 lag. Doch er muss die Übung so gut beherrschen, dass er sie in den wichtigen Momenten sauber durchturnen kann.

Bei jedem Wettkampf voll auf Angriff, so lautet die Devise. Nach Verpassen der Olympischen Spiele in Tokio 2021, wohin es nach dem zehnten Platz der Deutschen Meisterin Leonie Adam aus Stuttgart 2016 in Rio auch keine deutsche Trampolinturnerin geschafft hatte, hatte Vogel zusammen mit Eislöffel die Gründe dafür analysiert. "Eigenes Versagen", formuliert der Sportmanagement-Student schonungslos das Ergebnis. Vielleicht war er zu oft im Schongang gefahren, hatte mehr versucht zu verwalten, als in die Offensive zu gehen. Seitdem versucht Vogel, stets Vollgas zu geben. Sollte ihm das mal bei einem ersten Versuch nicht gelingen, schiebt Trainer Eislöffel bei den Standsprüngen vor Beginn der Übung die Matte rein, um seinem Athleten eine zweite Chance zu ermöglichen.

"Ohne Olympische Spiele", sagt der ehemalige Cottbuser Sportinternatsschüler ehrlich, würde er seine Karriere als unvollendet ansehen. Dabei hat der gebürtige Krefelder, der als Kind beim Trampolinturnen blieb, weil er dort schneller als beim alternativen Handball Erfolge hatte, so vieles schon erreicht, wovon andere nur träumen. Im nicht-olympischen Synchronturnen etwa ist er zusammen mit seinem Stuttgarter Dauerpartner Matthias Pfleiderer Europa- und Weltmeister; das Paar beherrscht die internationale Szene.  

"Wir sind ein eingespieltes Team", erklärt Vogel. Es herrsche "blindes Vertrauen" zwischen den beiden. Pfleiderers Vater und Trainer hatte 2008 angefragt, ob die beiden es bei den deutschen Meisterschaften mal miteinander probieren wollten. "2011 und 2013 waren wir schon zusammen Jugend-Weltmeister", sagt Vogel; mittlerweile trainierten sie so gut wie gar nicht mehr miteinander.

Ihre Stärke liege in der Synchronität, "da bekommen wir immer die meisten Punkte". Das Erfolgsgeheimnis ergibt sich aus der festen Rollenverteilung. "Matthias soll seine Übung nur durchturnen und möglichst in der Mitte bleiben, um den Rest kümmere ich mich", sagt Vogel. Wenn er sieht oder anhand der Geräusche bei den Landungen hört, dass Pfleiderer höher oder niedriger als er selbst ist, gibt er mehr oder weniger Druck aufs Tuch, um das auszugleichen. "Das hat bei mir schon als Jugendlicher auch mit anderen Partnern funktioniert", sagt Vogel.

Das besondere Gefühl, das er selbst nicht erklären kann, ließ ihn auch beim ersten Weltcup des Jahres im Februar in Baku nicht im Stich, als er zusammen mit dem Cottbuser Caio Lauxtermann nach nur wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten Silber gewann. Die beiden waren 2021 auch schon bei der Europameisterschaft im russischen Sotschi mit Bronze erfolgreich.

Bei den Finals in Düsseldorf wird es jedoch nur um die Einzelmedaillen gehen. Die Partner werden somit zu härtesten Konkurrenten. "Ich will auf keinen Fall meinen Titel verlieren", kündigt Vogel an. Egal, wie "knackig" das Wochenende wird.  

@Redaktion: DTB

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